Operationsroboter

Bradley Nelson (ETH Zürich)

Stand der Dinge international und in der Schweiz

Die Medizinrobotik ist ein gutes Beispiel für die zunehmende Einführung immer fortschrittlicherer Technologien im Gesundheitswesen. Menschliche Fähigkeiten und computergestützte Technologien werden kombiniert, um die Qualität medizinischer Behandlungen zu verbessern. Künstliche Intelligenz wird in die Diagnose einbezogen, klinische Ergebnisse werden im Detail analysiert und intelligente Medizinprodukte werden eingesetzt, um therapeutische Verbesserungen zu erzielen. Der Begriff Medizinrobotik beinhaltet nicht nur chirurgische Eingriffe, sondern umfasst auch Therapien, Abgabe von Medikamenten und Physiotherapie. Der bemerkenswerteste kommerzielle Erfolg in diesem Bereich ist das Da-Vinci- Operationssystem von Intuitive Surgical. Seit 2000 wurden damit mehr als drei Millionen chirurgische Eingriffe durchgeführt und die Marktkapitalisierung des Unternehmens erreicht inzwischen rund 60 Mrd. USD. Die Medizinroboterindustrie insgesamt ist für ihre hohen Gewinnmargen bekannt. Allerdings gilt es zu bedenken, dass verbesserte klinische Ergebnisse nicht in randomisierten kontrollierten Studien nachgewiesen wurden. Das hat sich bisher jedoch nicht negativ ausgewirkt. Verschiedene wichtige Gesundheitsakteure sind jüngst in den Markt eingetreten, darunter Johnson & Johnson und Medtronic. Neue, komplexe Technologien, die direkt mit der physischen Welt interagieren, benötigen Jahre oder sogar Jahrzehnte, um zu reifen. Sobald sie etabliert sind, können sie jedoch ein langfristiger wirtschaftlicher Treiber von grosser Bedeutung sein. Ihr breiter wirtschaftlicher Nutzen besteht darin, dass sie zur Entstehung einer Reihe von hochpräzisen Industrien als Schlüssellieferanten führen.

Konsequenzen für die Schweiz

Wie überall auf der Welt wird auch in der Schweiz eine bessere medizinische Versorgung zu niedrigeren Kosten gefordert. Diese widersprüchlichen Anforderungen manifestieren sich derzeit unter anderem in sinkenden Kostenrückerstattungen für häufig durchgeführte Behandlungen, was einer der hauptsächlichen Beweggründe für Roboterlösungen ist. So hat sich beispielsweise die Nachfrage nach Injektion in den Glaskörper zur Behandlung von Netzhauterkrankungen in den letzten zehn Jahren stark erhöht, während die Kostenrückerstattung von 630 CHF pro Injektion im Jahr 2017 auf 150 CHF im Jahr 2018 sank. Die Augenchirurgen sind nicht bereit, die Behandlungsqualität zu riskieren, und die Krankenhäuser sind weniger motiviert, das Verfahren durchzuführen, obwohl es das Fortschreiten der Erblindung für 10 Prozent der Bevölkerung stoppt. Die naheliegende Lösung ist der Einsatz von robotisierten Verfahren, die es hochqualifizierten Ärztinnen und Ärzten ermöglichen, mehr Eingriffe mit der gewohnten Qualität, aber zu geringeren Kosten durchzuführen. Ähnliches gilt auch für eine Reihe anderer medizinischer Verfahren, z.B. Echokardiographie und Katheter- Ablation. Allerdings sind die Hürden für die Robotisierung dieser Verfahren sowohl aus forschungs- als auch industrieller Sicht hoch.

Die Schweiz hat die Medizinrobotik nur zögerlich als wichtigen Treiber identifiziert trotz klarer Trends bei der Anzahl roboterunterstützter Eingriffe, der hohen Rentabilität dieser Branche und der Aussicht auf einen langfristigen wirtschaftlichen Nutzen. Durch verstärkte Investitionen in die Medizinrobotik sowohl aus staatlicher Forschung als auch aus der Industrie kann die Schweiz sowohl medizinisch als auch wirtschaftlich profitieren. Die Alternative wäre die zunehmende Auslagerung unserer Gesundheitsversorgung ins Silicon Valley und nach Asien.