05. November 2018

Zweite nationale Additive Manufacturing Konferenz

Manuel Kugler - Advanced Manufacturing

Am 30. Oktober 2018 fand die nationale AM-Konferenz der vier Organisationen AM Network, SAMG, SATW und Swiss Engineering zum zweiten Mal in der Messe Luzern statt.

Bruno Lurati, VP AM Network und Moderator des Tags, konnte rund 150 Teilnehmenden zur zweiten nationalen AM Konferenz begrüssen und präsentierte sogleich eine Grussbotschaft von Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Nach dem Dank an die Sponsoren und die Organisatoren waren die Teilnehmenden bereits ein erstes Mal gefordert, denn wie schon bei der ersten Durchführung kam auch dieses Jahr die digitale Diskussionsplattform Meetoo zum Einsatz. Die erste angenehme Überraschung folgte denn auch mit der zweiten Frage – 80 Prozent der Antwortenden gaben an, bereits mit Forschungsinstituten im Bereich AM zusammenzuarbeiten.

Die Keynote widmete der amerikanische Medientheoretiker Alan Shapiro, Gastdozent an der Hochschule Luzern, der Frage, wie sich der europäische Kapitalismus weiterentwickeln soll. Die 4. industrielle Revolution sei getrieben von Technologien mit Ich-Bewusstsein. Im idealen Wirtschaftssystem agieren technologische Prozesse autonom. Automation sollte den Handel weniger bürokratisch gestalten und mehr Flexibilität erlauben. Offen sei allerdings, welches ökonomische System diese neuen Technologien – mit deren spezifischen Anforderungen und Herausforderungen – integrieren könne. Die drei Dimensionen des wirtschaftlichen Systems von morgen seien kapitalistisch, sozialistisch und technologischer Anarchismus – oder auch Post-Kapitalismus. Letzteres bedeutet, dass Mangel und Knappheit überwunden sind und die Menschen ein kreatives unbeschwertes Leben führen können. Die neuen Technologien ermöglichen also post-scarcity und wir können eine Ökonomie erschaffen, die viel stärker auf Ökologie und Nachhaltigkeit setzt.

AM schon bei Star Trek

Für die additive Fertigung (AM für Additive Manufacturing) wünscht sich Alan Shapiro, dass keine monopolartigen Player wie Amazon oder Google den Markt kontrollieren. AM wurde – wie zahlreiche weitere Technologie auch – in Star Trek vorhergesehen. «Replikatoren» erschaffen dreidimensionale Objekte aus dem Nichts. Auch hinsichtlich der Wirtschaft können wir nach Alan Shapiro etwas aus Star Trek lernen: die Enterprise ist nicht amerikanisch, sondern gehört der Vereinten Föderation der Planeten. Die Leute sind nicht länger von Besitztum und dem Ansammeln von Dingen besessen. Die Replikatoren ermöglichen es den Menschen, sich auf sich selbst zu fokussieren – die Herausforderung besteht darin, sich und sein Leben weiterzuentwickeln und sich zu verbessern.

AM habe viele Vorteile, unter anderem ermögliche sie generell mehr auf den kreativen Prozess zu fokussieren und verringere durch lokale Produktion Transportkosten. Als Fazit fasst Alan Shapiro zusammen, dass der Kapitalismus Technologie und damit etwas von Wert hervorbringt. Allerdings erlaubt erst der intelligente Einsatz von Technologie, eine bessere Welt zu erschaffen. AM ist ein grosser Schritt in Richtung Star Trek – einer Welt in der Technologie zum Wohle der Menschheit eingesetzt wird. Der Post-Kapitalismus erscheint am Horizont – es ist jetzt an der Zeit den Kapitalismus weiterzudenken und den Traum einer neuen Wirklichkeit aktiv zu gestalten.

Die 13 Experten stellten in kondensierter Form vor, welche Themen und Schwerpunkte im Bereich AM an den verschiedenen Forschungsinstituten in der Schweiz verfolgt werden. Die Inputs der Forschungsgruppen werden in die SATW-Forschungsübersicht mit einfliessen, welche Kompetenzen der verschiedenen Forschungsgruppen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen will.

Software für die additive Fertigung

Der nächste Block widmete sich ganz dem Thema Software. Im einleitenden Überblicksreferat zeigte Oliver Refle vom Fraunhofer Institute for Manufacturing Engineering and Automation IPA auf, dass Software als mächtiges Hilfsmittel über die gesamte Prozesskette hinweg ein wesentlicher Wegbereiter für AM ist. Vom Produktdesign über Simulationen für die Optimierung im Preprocessing bis hin zur eigentlichen additiven Fertigung und auch dem Postprocessing – überall kommt Software zum Einsatz. Diese muss jedoch auch bedient werden können und setzt eine entsprechende Ausbildung voraus – alle Programme benötigen eine Schulung und viel Übung. Die Komplexität des Entwicklungsprozesses nimmt daher trotz der hilfreichen Software-Tools zu.

Alle grossen Anbieter haben diesen Markt erkannt und in den letzten zehn Jahren enorme Fortschritte erzielt. In drei Kurzreferaten zeigten verschiedene Anbieter auf, welche Pakete sie heute bereits anbieten und was in Zukunft auf uns zukommen wird. Simulation vor und während der Fertigung sowie in der Anwendung des Produkts sind bereits heute in vielen Lösungen vorhanden. Es ist schon vieles vorhanden, aber auch noch viel Weiterentwicklung nötig.

«Change Management» wichtig bei AM

Anschliessend verteilten sich die Konferenzteilnehmer auf drei parallele Breakout Sessions in unterschiedlichen Foren. Dabei hatten sie die Möglichkeit jeweils eine Session vor und eine nach der Mittagspause zu besuchen. Dazwischen gab es genügend Zeit sich bei einem feinen Stehlunch mit Gleichgesinnten in tiefergehenden Gespräche auszutauschen.

In der Session «Change Management» wurden die Veränderungen in einem Unternehmen besprochen, die mit der Einführung einer neuen Technologie einhergehen und wie diese Transformation erfolgreich gestaltet werden kann. Die Session «Ausbildung» bot eine Übersicht über aktuelle Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im AM-Bereich für bestehende Konstrukteure.

Im abschliessenden Block «Geschäftsanbahnung – Just do it!» lernten die Teilnehmenden unterschiedliche Instrumente kennen, um AM im Unternehmen einzuführen. Innosuisse-Projekte sind eine Möglichkeit, Anwendungen der Technologie mit Unterstützung eines Forschungspartners zu erforschen. Die kantonale Wirtschaftsförderung kann wertvolle Kontakte vermitteln und so durch Vernetzung auch über die Kantonsgrenzen hinaus Innovation in dem Bereich fördern.

Wie die Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro erfolgreich gestaltet werden kann und weshalb es dazu keine eierlegende Wollmilchsau braucht, zeigte Frank Zeugin von der Z.E.C. AG auf. Ein strukturiertes phasenweises Vorgehen und eine klare Zieldefinition sind entscheidend für den Projekterfolg. Additively stellte ihre Plattform mit Live-Content-Marketing vor und legte dar, dass ein Showcase über Erfolg und Misserfolg eines Messeauftritts entscheiden kann.

Zum Ende der Konferenz bedankte sich Bruno Lurati bei allen und legte den Teilnehmenden noch einmal Nahe – just do it!

Um den Tag und die wertvollen Inhalte nicht zu vergessen, sollten sich jede und jeder zwei Dinge notieren, die sie oder er in Zukunft umsetzen könnten. Diese Punkte konnte man dann beim anschliessenden Apéro diskutieren und den Tag nochmals Revue passieren lassen.

Kontakt

Manuel Kugler, Leiter Schwerpunktprogramme Advanced Manufacturing und Künstliche Intelligenz, Tel. +41 44 226 50 21, manuel.kugler(at)satw.ch

 

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