15. Februar 2019

ISTF 2019 – junge Lösungen zu Künstlicher Intelligenz

Beatrice Huber - Künstliche Intelligenz, Technik-Bildung

Am International Swiss Talent Forum 2019 stellten sich knapp 70 junge Menschen aus der ganzen Welt während vier Tagen den Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz, kurz KI. Am 9. Februar wurden die Lösungen präsentiert.

Das Auditorium füllt sich gut an diesem Samstagvormittag im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Neben den Teilnehmenden des ISTF 2019 sind auch viele Gäste gekommen, darunter Alumni aus früheren Austragungen. Melanie Seiler, Geschäftsführerin von Schweizer Jugend forscht, dem Organisator des ISTF, bemerkt dies in ihren Begrüssungsworten mit viel Freude und weist die Anwesenden darauf hin, was für eine spezielle Gruppe die Teilnehmenden eines ISTF sind. All diese jungen Leute mussten sich qualifizieren und wurden ausgewählt.

Karin Büchler, Projektleiterin des ISTF, führte ins Thema ein und zeigte den grösseren Rahmen: «2019 geht es um künstliche Intelligenz, aber eigentlich geht es um eine Revolution.» Wir befinden uns in der vierten industriellen Revolution. Wie diese unser Leben verändern wird, wissen wir noch nicht. Die Teilnehmenden eines ISTF lernen an diesen Tagen aber eine der mitunter wichtigsten Fähigkeiten für das erfolgreiche Bestehen in der Arbeitswelt – Teamarbeit.

Philipp Rufer führt durch die Präsentationen und erklärt den Ablauf. Die jungen Talente hatten erst am Nachmittag des Vortags mit den Präsentationen begonnen. Immer zwei Gruppen pro Challenge.

Für die Challenge 1 «AI Intellectual Property» stellten die Challenger Heinz Müller und Christian Moser Nikles vom Institut für geistiges Eigentum die Frage, wer Rechte an Schöpfungen besitzt, die von KI erschaffen werden und wer in einem solchen Fall als Künstler oder Erfinder gilt. Laut Gesetz können solche Rechte heute keinen Maschinen oder Programmen zugeschrieben werden und es gilt zu klären, wie man mit solchen Szenarien umgeht. Als Lösung schlug Gruppe 1a eine E-Entity neben natürlichen und juristischen Personen vor, die auch Patente halten kann. Gruppe 1b schaute KI nur als Tool an, die kein Bewusstsein hat. Ihre Lösung heisst «AIlution», eine öffentliche Plattform für solche Schöpfungen. Jede und jeder kann dafür eine Lizenz lösen und so Teil haben an den Erfindungen, die KI erschafft. Der Challenger gab als Feedback, dass zum Glück keines der Teams das geistige Eigentum abgeschafft habe. Beide Lösungen seien es wert, angeschaut zu werden.

In Challenge 2 «AI Mobility» fragte der Challenger Matthias Bürki von der ETH, wie selbstfahrende Fahrzeuge zertifiziert werden sollen. Es sei wohl schwieriger zu zeigen, dass solche Fahrzeuge sicher sind, als diese effektiv zu entwickeln. Gruppe 2a hat dafür eine Behörde gegründet: IACCA - die International Autonomous Car Certification Authority. Für die Zertifizierung schlägt die Gruppe eine Reihe von Tests vor, angefangen bei theoretischen Tests mit Hilfe von Simulationen bis zu Prüfungen in der realen Welt. Die Schlussprüfung nimmt ein Experte ab – analog der Fahrprüfung beim Menschen. Für Gruppe 2b müssen die Hersteller die Einzelkomponenten prüfen. Für die Zertifizierung des Gesamtfahrzeugs schlug auch diese Gruppe eine neue Behörde vor. Zudem gab sie zu bedenken, dass bei der Zertifizierung die menschliche «Dummheit» berücksichtigt werden muss. Ein Video Game könnte Inputs für mögliche Situationen liefern, die bei der Zertifizierung berücksichtigt werden müssten. Der Challenger zeigte sich beeindruckt, wie gut die Gruppen das Problem verstanden hatten, und unterstrich, wie wichtig Simulationen seien.

Im Zentrum der Challenge 3 «AI Ethics» stand die Meinungsäusserungsfreiheit (Freedom of Speech). Für den Challenger Michele Loi von der Universität Zürich hat das Internet jegliche «Pförtner» und «Flaschenhälse» entfernt. Gruppe 3a präsentiert als Lösung «Bubblin’», eine Plattform mit ganz unterschiedlichen Attributen. Im Unterschied zu heutigen Plattformen gibt es nicht nur einen «Gefällt mir»-Knopf, sondern verschiedenste für «Zustimmen», «Ablehnen», «mit Respekt ablehnen» oder eine «Kontrovers»-Markierung. Filter-Blasen sollen mit noch mehr Bubbles bekämpft werden – automatisierte Kommentare, die beispielsweise auf wissenschaftliche Quellen verweisen. Gruppe 3b stellte den Anwesenden Sally und Sam vor. Beide leben in ihrer Filterblase, die sie in ihren Ansichten bestärkt. Die Lösung dieser Gruppe ist ein Plug-in namens Spider. Spider zeigt auf, wofür sich die Leute interessieren. Zugleich bringt es schrittweise auch Themen auf, die weniger im Fokus der beiden sind. So soll es das kritische Denken verbessern. Aus Sicht des Challengers sind beide Lösungen dank der neuen EU-Verordnung zum Datenschütz möglich und spannend. Schwierig sei es aber, die Leute von diesen zu überzeugen. Die Leute müssen einen effektiven Nutzen davon haben. Nur Personen, die aus ihrer Blase rauskommen wollen, werden sich davon angesprochen fühlen.

Challenge 4 «AI Data Sharing» behandelte den Austausch von persönlichen Daten. Beide Gruppen fokussierten sich dabei auf Gesundheitsdaten. Der Challenger Claus Horn von Swiss Re wies darauf hin, dass heute viele wertvolle Daten in Silos von jeglichem Zugriff abgeschottet sind. Dadurch können sie nicht genutzt werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Gruppe 4a sieht das Hauptproblem im Datenschutz. Ihre Lösung heisst Secure Health. Diese NGO oder NPO «verwaltet» Daten in verschlüsselter Form. Forschende können diese verschlüsselten Daten nutzen, ohne den Datenschutz zu verletzen. Gruppe 4b erzählt von «Bob’s Dream». Die Daten sollen den Menschen zurückgegeben werden. Ein Start-up betreibt eine Plattform und vermittelt zwischen Individuen und den Organisationen, welche die Daten nutzen wollen.

Challenge 5 «AI Social Media» umfasste zwischenmenschliche Interaktionen im Zeitalter von Virtual Reality VR. Die Challenger waren Manuel Werlberger und Alex Locher von Facebook Oculus. Gruppe 5a legte den Fokus auf den Bereich Bildung und präsentierte einen fiktiven Alltag im künftigen Bildungssystem mit VR, aber auch mit KI und Big Data. Jeder Student / jede Schülerin bekommt ihr eigenes Curriculum, das dank KI laufend angepasst wird. Gruppe 5b erzählte von Jonathan und seiner VR-Brille. Die Gruppe wies auch auf negative Aspekte einer VR-Welt hin. Denn die virtuelle ermöglicht eben auch die Flucht vor der realen Welt. In der Feedback-Runde wurde viel über Hardware gesprochen. Für die Gruppen ist klar, dass sie nichts in ihr Auge implantiert haben wollen. Aber vielleicht sehen das künftige Generationen anders.

Nach all den futuristischen Ideen der Teilnehmenden lag es an Ralph Eichler, Präsident Stiftungsrat von Schweizer Jugend forscht, die Präsentationen zusammenzufassen. Dabei bemerkte er, dass es bereits vor 50 Jahren einen Hype um KI gab, man aber damals noch nicht die benötigten Daten hatte. Er zeigte sich beeindruckt von den Präsentationen und gab als Zusammenfassung der Veranstaltung noch persönliche Kommentare zu den gefundenen Lösungen. Bei Challenge 1 lobte er den Open-Access-Ansatz, wies aber darauf hin, dass es auch finanzielle Anreize geben muss. Zu Challenge 2 bemerkte er, dass Sicherheit keine ja-nein-Frage sei, sondern ein Abwägen. Die Gesellschaft muss entscheiden, wie sicher gut genug ist. Bei Challenge 3 wies er darauf hin, dass es wohl Anreize brauche, um kritisches Denken zu fördern. Zu Challenge 4 hält er fest, dass schon viel gewonnen wäre, wenn alle Spitäler das gleiche Datenformat verwenden würden. Zum Schluss hielt er für Challenge 5 fest, warum Studierende immer noch in die Vorlesung gehen: Dort trifft man andere schlaue Leute. Etwas, was für das ISTF 2019 auch zutraf.

Weitere Informationen

https://sjf.ch/international-swiss-talent-forum/istf-2019/

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