Drohnen – grosses Potenzial als Game-Changer
Am 14. März diskutierten Fachleute über die Frage, ob Drohnen nur ein Spielzeug oder ein Game-Changer sind. Die Antwort am TecToday fiel eindeutig aus.
Drohnen sind in und über allen Köpfen. Doch sind sie auch ein wirtschaftlicher «Game-Changer»? Vor knapp einem Jahr hatte TA-Swiss, die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung, die mit der SATW im Verbund der Akademien der Wissenschaften Schweiz ist, eine Studie zu «Zivile Drohnen – Herausforderungen und Perspektiven» veröffentlicht. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass Drohnen immer noch stark mit militärischen Anwendungen assoziiert werden. Die Studie gab den Anstoss für diesen TecToday, der an der Pädagogischen Hochschule Zürich stattfand. Karin Frei, die Moderatorin des Abends, nahm in ihrer Einleitung die militärische Komponente auf und erzählte von ihren Kindheitserinnerungen in Emmen, beim Militärflughafen, wo ihr Onkel bereits an einem Drohnenprojekt mitarbeitete, dass natürlich streng geheim war. Zivile Drohnen sind ein eher neues Phänomen, das aber sehr schnell Fahrt aufnahm. Karin Frei freute sich, einen ausgewiesenen Experten als ersten Referenten begrüssen zu dürfen.
Der erste Referent Roland Siegwart bestätigte, dass es die kleinen batteriebetriebenen Drohnen – im Unterschied zu den viel grösseren militärischen Drohnen – wirklich erst seit etwa der Jahrtausendwende gebe. «Die Schweiz ist mit den beiden Hochschulen EPFL und ETH Zürich sehr aktiv an diesen Entwicklungen beteiligt», bemerkte er nicht ohne Stolz. Der weltweit erste Quadrokopter sei an der EPFL gebaut worden. In der Zwischenzeit sind einige Spin-offs der beiden Hochschulen erfolgreich unterwegs. Bereits 500 bis 600 neue Arbeitsplätze seien so entstanden. Dazu zählt auch der ETH-Spin-off Wingtra, der eine Kombination aus Helikopter und «normalem» Flugzeug entwickelt hat. Solche Flugobjete hätten den grossen Vorteil, dass sie viel effizienter als Helikopter sind und deshalb mit der gleichen Batterieleistung viel länger in der Luft bleiben können. Für Roland Siegwart ist das aber alles erst der Anfang. «Damit sich Drohnen autonom bewegen können und wir sie frei fliegen lassen können, müssen sie auch selbst ‹sehen› können.» So könnten sie viel enger fliegen oder sogar Objekte in der Umgebung berühren, z.B. um eine Brücke zu inspizieren. An dieser Entwicklung wird an beiden Hochschulen mit Hochdruck gearbeitet, wie er mit Einblicken in die aktuelle Forschung demonstrierte.
Robotik gehöre — so Mark Höpflinger — zu den disruptiven Technologiefeldern und man dürfe nicht vergessen, dass in der Technikgeschichte schon vieles unterschätzt worden sei. Für die Schweizer Armee steht Katastrophenhilfe und Unterstützung bei Suche und Rettung im Vordergrund. Sie betreibt keine Forschung für bewaffnete Roboter. Mark Höpflinger stellte kurz das Projekt ARCHE vor. Es gehe darum, Menschen zu unterstützen sowie Rettungskräfte zu schützen und entlasten. Im Weiteren müsse sich die Armee damit befassen, Bedrohungen durch Drohnen abzuwehren, die z.B. Spionage betreiben oder den Luftraum stören. Beispiele an Flughäfen in London, aber auch anderswo sind bekannt. Heute sei die Abwehr eine Fähigkeitslücke und sehr schwierig. Es brauche verschiedene Sensorsysteme, um Drohnen überhaupt zu detektieren. Und die Absicht kenne man auch nicht. Mark Höpflinger präsentierte ein paar Systeme, um Drohnen vom Himmel zu holen, aber praktisch alle seien unbefriedigend. Am besten funktioniere noch das Jamming – also das Stören der Funk-Verbindung zwischen Drohne und Pilot. Aber bei autonomen Drohnen funktioniert auch das nicht mehr.
Als Einstieg stellte Karin Frei die Frage, ob Drohnen ein Game-Changer seien. Auf einer Skala von 1 bis 10 antworteten alle zwischen 7 bis 10 – sie schätzen das Potenzial also als hoch ein. In der Anschlussfrage ging es um die Gebiete mit dem grössten Potenzial. Aus Sicht von Markus Waibel sind dies militärische Anwendungen und solche in der Unterhaltung. In dieser Sparte ist auch sein Spart-up tätig. Mark Höpflinger plädierte für die Landwirtschaft. Dem stimmte Roland Siegwart zu und wies auf die grossen Chancen für einen nachhaltigeren Einsatz von Pestiziden hin. Stephanie Lambert nannte Vermessung für Ingenieurbüros, aber auch Tier- und Umweltschutz. Für Markus Farner muss bei allen Anwendungen ein gesellschaftlicher Nutzen bestehen. Dieser kann auch darin bestehen, dass Blutproben schnell in ein Labor transportiert würden und so im Endeffekt Menschenleben gerettet. Damit lag der Ball bei der Post und der Frage, was mit der Drohne im Zürichsee passiert sei. Andrea Marrazzo durfte noch nichts Genaues sagen, aber konnte soweit beruhigen. Die Drohne ist nicht abgestürzt, sondern mit dem Fallschirm ordentlich gelandet. Dann aber naturgemäss im See versunken.
Sind autonome Drohnen-Taxis ein realistisches Szenario? «Quatsch», meinte Roland Siegwart, da sie für eine Massenanwendung viel zu ineffizient und zu laut sind. «Das ist einfach nicht nachhaltig.» Der Geräuschpegel sei wie bei einem Helikopter. Markus Farner sieht allerdings Potenzial in Nischen, z.B. in abgelegenen Gebieten. Aus Sicht von Stephanie Lambert sollte man viele Idee zulassen, weil diese wieder zu neuen Innovationen führen, die dann wirklich sinnvoll und umsetzbar sind. So seien z.B. viele neue Sensoren entstanden. Andrea Marrazzo meinte, dass Drohnen dort eingesetzt werden könnten, wo heute Helikopter genutzt werden. Dann wies Stephanie Lambert noch auf ein wichtiges Thema für Jungunternehmen hin, nämlich die Finanzierung. Ohne die Unterstützung der eigenen Hochschule wäre vieles nicht möglich gewesen. Auch Stiftungen würden am Anfang helfen. Aber die Mittelbeschaffung für die Wachstumsphase sei Knochenarbeit. Dem konnte Markus Waibel nur zustimmen.
Die abschliessenden Fragen kamen aus dem Publikum: Was komme zuerst, Luft-Taxis oder autonomen Fahrzeuge am Boden? Die Podiumsteilnehmer waren sich da nicht einig. Für Roland Siegwart sind die technischen Herausforderungen für Luft-Taxis noch so gross, dass er eher autonome Fahrzeug sieht. Markus Farner und Andrea Marrazzo sehen eher das Flug-Taxi, was laut Andrea Marrazzo vornehmlich an der Offenheit des zuständigen Bundesamts liegt. Und warum sind erst so wenige kommerzielle Drohnen im Einsatz? Roland Siegwart erinnert an die technische Komplexität. Da könne man nicht einfach kopieren. Und Markus Waibel nennt die Verlässlichkeit, denn für einen professionellen Einsatz müssen die Drohnen sehr verlässlich sein. Das ist heute häufig noch nicht der Fall.
Auskunft
Beatrice Huber, Communications Manager, beatrice.huber(at)satw.ch
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