Technologie kommt in die Schule
Die Tec Days sollen Jugendliche für MINT-Fächer begeistern – manchmal schon fast auf dem Level einer Master-Vorlesung.
«Das wichtigste Ziel der Tec Days ist, Technik in praktischer Form an die Schulen zu bringen», sagt Belinda Weidmann, die bei der Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften für die Organisation der Tec Days zuständig ist. Die Hoffnung: Jugendliche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Denn in vielen dieser sogenannten MINT-Fächern mangelt es an gut ausgebildeten Fachleuten.
Zumindest an der Alten Kantonsschule Aarau scheint das zu funktionieren: «Mit einzelnen Schülerinnen und Schüler konnte ich bereits den Level einer Master-Vorlesung erreichen», freut sich Simon Erni von der ETH Zürich über das Interesse der Jugendlichen. Erni leitet den Kurs «Hacking-Angriffe auf moderne drahtlose Kommunikation» und ist beeindruckt von der raschen Auffassungsgabe vieler Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer.
Am Tec Day der Alten Kantonsschule können die Schülerinnen und Schüler aus einem Katalog von 79 Themen ihr eigenes Tages-Programm zusammenstellen. Wie breit das Angebot ist, zeigen die Titel der verschiedenen Kurse: Neben Hacking geht es zum Beispiel um «Quantenkryptografie und Teleportationskamera», «Wir bauen einen Chatbot», «Musik machen aus Elektroschrott» oder «Bilder kategorisieren mit Maschinellem Lernen»
Nicht alle sollen ein MINT-Studium wählen
Oder Photonics: Dieses Fachgebiet, von dem die meisten nicht einmal den Namen kennen, ist in unserem Alltag allgegenwärtig – von der Gesichtserkennung im Handy über den Rauchmelder an der Decke und dem Ortungssystem im Lift bis zu den Assistenten im Auto, überall steckt Photonics drin. Während neunzig Minuten können die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Experimenten erfahren, wie vielseitig das Gebiet ist. So müsse sie etwa herausfinden, wie man eine Video-Kamera zum Messen von Distanzen einsetzen kann oder eine Velo-Rad mit Leuchtdioden zum Display wird.
Auch in diesem Kurs zeigt sich das junge Publikum durchaus interessiert. Doch ein Studium des neuen Gebiets können sich nach dem Workshop nicht alle vorstellen: «Sich das ganze Leben damit beschäftigen – nein», meint ein Schüler. Selbst der Kurs «Bau dein eigenes 2D/3D Game» mag nicht alle zu begeistern: «Viel wird mir das im weiteren Leben nicht bringen, ich interessiere mich nicht besonders für Computer», meint etwa der 16-Jährige Finn. Und ergänzt: «Ich besuche den Kurs nur, weil ich die anderen langweilig fand.»
Belinda Weidmann hat kein Problem mit solchen Aussagen: «Es ist nicht das Ziel, dass alle nach dem Anlass ein MINT-Studium wählen». Es gehe vielmehr darum, zu zeigen, wie stark diese Themen unseren Alltag prägen.
Komplexe Themen, einfach erklärt
«Technik ist kein Unterrichtsfach», sagt Peter Hänsli, Prorektor an der Alten Kantonsschule Aarau. Zwar werde an der Schule Physik, Mathematik oder Informatik von kompetenten Lehrkräften unterrichtet, doch das Interdisziplinäre fehle dabei. Bei Photonics etwa trifft Physik auf Informatik.
Um das Interdisziplinäre möglich zu machen, reisen am Tec Day Wissenschaftlerinnen und Spezialisten aus der ganzen Schweiz nach Aarau. Bei den meisten Jugendlichen kommt die Wissensvermittlung aus erster Hand gut an: «Das war bestimmt kein Kindergartenzeug, aber alles wurde sehr anschaulich erklärt», sagt die 19-jährige Skyla. Und ihre gleichaltrige Kollegin Naima ergänzt: «Es sind Expertinnen und Experten auf ihren Gebieten, die auch komplexe Themen einfach erklären können.»
Beitrag von Peter Buchmann und Jürg Tschirren, Digital Redaktion (SRF, 7.3.2022)