Swiss Mobility Data Space
Damit Daten zum Wohle aller, also sowohl der Gesellschaft wie der Wirtschaft, genutzt werden können, braucht es vertrauenswürdige Datenräume, z.B. im Bereich Mobilität.
Der Bundesrat hatte bis zum 3. Mai ein Vernehmlassungsverfahren zur Vorlage eines neuen Gesetzes über die Mobilitätsdateninfrastruktur (MODIG) in Auftrag gegeben. Eine neue staatliche Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) soll die Effizienz des bestehenden Mobilitätssystems durch eine verbesserte Nutzung von Mobilitätsdaten (Lieferung, Bereitstellung, Austausch, Verknüpfung, Bezug) erhöhen. Die SATW und die Swiss Data Alliance (SDA) heissen diese Vorlage in den meisten Punkte gut und unterstützen diese, wie aus der gemeinsamen Stellungnahme zu entnehmen ist. Es ist wichtig, dass der Bund eine aktive Rolle einnimmt – analog zum Betrieb anderer Infrastrukturen wie Schiene und Strasse. Die vorgeschlagene Mobilitätsinfrastruktur kann nicht durch einen kommerziellen Anbieter betrieben werden, weil dies zu einem Mistrauen seitens anderer Akteure führen würde.
Roundtable und Arbeitsgruppe zu Swiss Mobility Data Space
Die SATW und die SDA hatten bereits letztes Jahr zu einem virtuellen Roundtable zur Datennutzung im Mobilitätsbereich eingeladen, an dem am 1. März 2021 30 Personen teilnahmen. Der Roundtable fand im Rahmen des Netzwerkes Digitale Selbstbestimmung statt, einer Initiative des Bundesamts für Kommunikation BAKOM, der Direktion für Völkerrecht DV, der SATW und der SDA. Am Roundtable wurden basierend auf den bestehenden Aktivitäten der Bundesverwaltung die Eckwerte eines Datenraumes für die Zukunft der Mobilität in der Schweiz diskutiert, wobei das Potenzial von Personendaten und die Frage im Vordergrund standen, wie diese zum Vorteil der Gesellschaft genutzt werden können.
Einleitend stellten Christian Egeler vom Bundesamt für Raumentwicklung ARE, Gery Balmer vom Bundesamt für Verkehr BAV und Markus Riederer vom Bundesamt für Strassen ASTRA ihre Visionen der Datennutzung im Mobilitätsbereich dar. Für das ARE sind personenbezogene Daten für Grundlagen, Analysen und Monitoring im Rahmen des Sachplans Verkehr vor allem in aggregierter Form relevant. Bei der Umsetzung der Strategien des Sachplans Verkehr – insbesondere der Wandel der Mobilität hin zu einer Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittel und Förderung der multimodalen Mobilität – sind personenbezogene Daten auf individueller Ebene zentral. Das BAV legt in Zusammenhang mit dem Aufbau der Nationalen Dateninfrastruktur Mobilität (NaDIM) vorerst den Fokus auf Unternehmensdaten zu Mobilitätsangeboten. Technisch und rechtlich soll NaDIM aber aufwärtskompatibel für digitale Selbstbestimmung gestaltet werden.
Daten nutzen für Entwicklungsstrategien
Im Sachplan Verkehr werden verbindliche Entwicklungsstrategien und Handlungsgrundsätze beschrieben, mittels derer ein angestrebter Zustand für die Bereiche Raum und Mobilität für das Jahr 2050 erreicht werden soll. Diesem Zielbild liegen u.a. die fünf Ziele des Raumkonzepts Schweiz zugrunde: Siedlungsqualität und regionale Vielfalt fördern, natürliche Ressourcen sichern, Mobilität steuern, Wettbewerbsfähigkeit stärken sowie Solidarität leben. Verkehrsmittel werden dafür möglichst wirkungsvoll miteinander kombiniert. Die Verkehrsnachfrage wird so gelenkt, dass die Leistungsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems ausgeschöpft werden kann und dieses sicher, verlässlich, verfügbar und einfach zugänglich gestaltet ist. Dabei tragen die Nutzenden von Mobilitätsangeboten die von Ihnen verursachten Kosten vermehrt selbst.
Personenbezogene Daten könnten zur Erfüllung der Entwicklungsstrategien beitragen. Es bestehen schon viele Daten, die aber teilweise nicht verfügbar sind, da sie z.B. in Silos einzelner Unternehmen stecken. Sensordaten von Fahrzeugen, z.B. für den CO2-Verbrauch, oder Daten aus dem Mobilfunkbereich werden aktuell bereits genutzt oder können bis zu einem gewissen Grad eingekauft werden. Daten aus dem automatischen Ticketing und über die Nutzung von Apps sind bislang noch kaum zugänglich und bleiben typischerweise bei Herstellern und Betreibern. Für eine effektivere Zielerreichung sollten insbesondere Angaben zur individuellen Mobilitätsnachfrage vermehrt verfügbar gemacht werden. Diese Daten könnten von den Nutzenden kommen, indem sie diese aktiv zur Verfügung stellen: Wann bin ich auf welchen Strecken unterwegs, um wohin zu kommen? Was sind Motivation und Ziel meiner Reise, welche Reisewege und Verbindungen wähle ich und welche Wege gehe ich zu Fuss, mit dem Velo oder dem privaten Auto.
Sollen Daten freiwillig zur Verfügung gestellt werden, braucht es entsprechende Anreize und Mehrwerte für die Beteiligten, damit möglichst viele mitmachen. Aber auch dann können Daten unvollständig und voreingenommen sein. Daraus Lenkungsmassnahmen abzuleiten, ist also tückisch. Zudem ist Transparenz wichtig. Es muss klar definiert und kommuniziert werden, für wen welche Daten unter welchen Bedingungen zugänglich sind. Sonst ist das Misstrauen zu gross.
Perspektive der Nutzenden einnehmen
Eine zentrale Empfehlung aus dem Roundtable ist, dass die Thematik allgemein aus der Perspektive der Nutzenden von Mobilitätsdienstleistungen angegangen werden sollte. Das Vertrauen der Bevölkerung in eine entsprechende Dateninfrastruktur ist zentral und muss gestärkt werden. Der Nutzen sowie mögliche Mehrwerte als Gegenleistung für die Bereitstellung der Daten sind verständlich und transparent aufzuzeigen. Beispiele können die Unterstützung gemeinsamer Interessen (z.B. Meldung von Radarstationen), Solidarität und Gesundheit (COVID-19 App) oder ökonomische Anreize sein.
Der Betreiber der Dateninfrastruktur sollte kein spezifischer Akteur, sondern eine Vertrauensorganisation wie Bund oder Kantone sein. Das System und die darin übermittelten Daten sind bestmöglich zu schützen und Missbrauch vorzubeugen. Die Regeln für den Zugriff auf die Dateninfrastruktur und deren Funktionsweise sollten einfach erklärbar sein.
Der Roundtable lieferte eine gute Basis für weitere Gespräche zur Nutzung von personenbezogenen Daten im Mobilitätsbereich. Gemeinsam mit der Schweizerischen Mobilitätsplattform (its-ch) führt die SATW die Diskussion im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe weiter. Diese wird einen Beitrag zu einer umfangreicheren Publikation erarbeiten, die sowohl bereichspezifische – unter anderem für den Mobilitätsbereich – sowie sektorübergreifende Empfehlungen vorstellen soll, damit das Potenzial personenbezogener Daten besser genutzt werden kann. Die Publikation ist für Anfang 2023 geplant.
Weitere Informationen zum Netzwerk «Digitale Selbstbestimmung»
Diskussionpapier «Digitale Selbstbestimmung»
Roundtable: Personendaten für die öffentliche Gesundheit nutzen