Oberflächenbearbeitung mit Laser

Andreas Conzelmann (TRUMPF Schweiz AG)

Stand der Dinge international und in der Schweiz

Der Begriff Oberflächenbearbeitung umfasst eine Vielzahl von Verfahren, welche die Eigenschaften des Materials verändern oder die Oberfläche strukturieren, um Markierungen aufzubringen. Für die Oberflächenbearbeitung kommen typischerweise Laserstrahlquellen mit mittleren Ausgangsleistungen zum Einsatz. Diese Laser operieren im Dauerstrichbetrieb, gepulsten Betrieb (Mikro- bzw. Nanosekundenpulse) oder ultrakurzgepulsten Betrieb (Pikobzw. Femtosekundenpulse). Die Entwicklung von Laserstrahlquellen mit hohen Ausgangsleistungen bzw. mit ultrakurzen Femtosekundenpulsen hat in Kombination mit der Verfügbarkeit von entsprechenden Optiken, Strahlführungen und Sensoren in den letzten fünf Jahren neue Prozesse ermöglicht sowie bei bestehenden die Qualität erhöht und die Prozessdauer verkürzt. Die Photonik war der entscheidende Wegbereiter für die erfolgreiche Industrialisierung vieler innovativer Produkte in den letzten Jahren. Der Weltmarkt für Laserstrahlquellen zur Oberflächenbearbeitung betrug 2017 rund 2 Mrd. USD, was rund 20 Prozent des gesamten Lasermarkts entspricht.

Die Bearbeitung von Oberflächen ist für nahezu alle Branchen relevant, bespielweise für Automobilbau, Batterietechnik, Bildschirme, Elektronik, Kommunikation, Luftund Raumfahrttechnik, Medizintechnik, Nahrungsmittel, Sicherheitstechnik, Uhren und Schmuck, Unterhaltungselektronik oder Verteidigungstechnik. Die wichtigsten Treiber der Oberflächenbearbeitung sind:

  • Bedarf an neuen Produktionsverfahren mit hoher Energie- und Leistungsdichte
  • steigende Anforderungen an Funktionalität oder Verschleissfestigkeit von Oberflächen aufgrund von Produktivitätssteigerungen
  • Bedarf an Rückverfolgbarkeit von Teilen und Produkten entlang der gesamten Prozess- und Logistikkette durch Codes oder Text
  • neue Regularien im Bereich Luft-, Raumfahrt- sowie Medizintechnik und weiteren Branchen, die Kennzeichnungen von hoher Resistenz und entlang der gesamten Prozesskette vorschreiben

Neue Verfahren in der Oberflächenbearbeitung sind beispielsweise Kristallisationsprozesse zur Herstellung von OLED- oder LCD-Displays, das Ablösen flexibler Displays von Trägermaterialien oder die Bearbeitung von gehärteten Gläsern. Lasermarkierungen mit herkömmlichen Nanosekunden- Lasern führen in der Regel zu Gefügeveränderungen in Edelstählen mit der Gefahr der Korrosion. Die Verwendung von Ultrakurzpulslasern hat hingegen zu einem Technologiesprung und äusserst korrosionsbeständigen Markierungen geführt. Durch die kurzen Zeitskalen, in denen ein Piko- oder Femtosekundenlaserpuls mit einem Material wechselwirkt, lassen sich aussergewöhnliche Oberflächenstrukturen schaffen. Diese können beispielsweise absorptions- oder emissionssteigernde Eigenschaften besitzen oder einen elektrochemischen Prozess katalytisch unterstützen. Riesige Fortschritte bei der Beschichtung unterschiedlichster Materialien mit Sub-Nanometer-Präzision erlauben die Herstellung neuer Verbindungen und Schichten. In Kombination mit optisch aktiven Materialien und speziellen Wellenleiterstrukturen lassen sich intelligente und aktive optische Bauelemente, Sensoren oder Schalter erzeugen. Geeignete Mikrostrukturierung erlaubt die Anwendung von innovativen Fügetechniken, um beispielsweise die thermischen oder tribologischen Eigenschaften des Materials zu beeinflussen.

Konsequenzen für die Schweiz

Der Schweizer Markt für Photonik, der im Wesentlichen Laserstrahlquellen und -systeme sowie optische Komponenten, Beschichtungen und Sensoren umfasst, hat ein Volumen von ca. 4 Mrd. CHF. Davon entfallen ca. 400 Mio. CHF auf Laser und Lasersysteme zur Oberflächenbearbeitung bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 8 Prozent und einer Exportquote von über 90 Prozent. Der Anteil photonischer Komponenten in allen Produkten, welche die MEM-Industrie in der Schweiz entwickelt und produziert, wird gemäss Expertenschätzungen von heute 40 Prozent in den nächsten zehn Jahren auf über 60 Prozent ansteigen. Diese Zahlen zeigen, dass die Schweizer Industrie wesentlich zum weltweiten Photonikmarkt beiträgt. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt ist signifikant und wird künftig weiter steigen. Um weiterhin einen Spitzenplatz im Bereich Oberflächenbearbeitung einzunehmen, müssen sich die Schweizer Hochschulen neben der Grundlagenforschung vermehrt auf Enablertechnologien wie die Photonik konzentrieren. Fast alle der rund 20 Schweizer Hochschulinstitute der Photonik-Forschung haben sich deshalb dem Nationalen Thematischen Netzwerk (NTN) Swissphotonics angeschlossen. Sie unterstützen ihre Forschungsaktivitäten mit einem Bildungsangebot auf Bachelor-, Master- und Doktoratsebene. Seit vier Jahren werden auch spezialisierte Photonik-Studiengänge angeboten.