Funktionale Fasern

Manfred Heuberger (Empa), Paul Keller (Avery Dennison Materials Europe) und Urs Mäder (SATW)

Stand der Dinge international und in der Schweiz

Funktionale Fasern werden schon für eine Vielzahl von praktischen Anwendungen breit eingesetzt. Vor allem für die Herstellung von Funktionsbekleidung im Sport- und Freizeitbereich und als Dämm-, Verbund- und Verstärkungsmaterial in der Bau- und Papierindustrie. Andere Anwendungen, die noch in der Erprobung sind oder bereits in der Praxis umgesetzt werden, sind unter anderem:

  • Fasern mit mikrobieller Wirkung (durch Absorption oder Abgabe von antibakteriellen Wirkstoffen)
  • superabsorbierende Fasern mit hoher Wasseraufnahmefähigkeit für medizinische und kosmetische Produkte
  • Fasern mit gesteuerter Wasseraufnahme und -abgabe für Lebensmittelverpackungen
  • Fasern zur selektiven Entfernung von Schwermetall aus Abwasser

In vielen technischen Anwendungen werden den Fasern beim Spinnprozess Zusätze beigemischt, um neuartige Eigenschaften zu erreichen, oder es wird eine Appretur aufgebracht. Zusätzlich kann beim Herstellungsprozess auch die Struktur der Fasern verändert werden: Neben konventionellen Rundfasern können hohle, flache oder anders geformte Fasern hergestellt werden. Durch die Kombination von neuartigen Herstellungsmethoden und neuen Materialien wie Nanopartikeln könnten funktionelle Fasern mit bisher unerreichten Eigenschaften entwickelt werden. Diese Möglichkeiten sollten genauer untersucht, auf ihr Potenzial geprüft und bei Bedarf gefördert werden. Mögliche Anwendungen mit Potenzial sind:

  • Verbundfasern aus einer Kombination verschiedener Materialien mit speziellen Oberflächeneigenschaften. Es kann sich dabei z.B. um eine Zweikomponentenfaser mit einer Aussenhülle handeln, welche bei einer tieferen Temperatur als der Kern schmilzt und mit dem Umgebungsmaterial (Matrix) zerfliesst.
  • Fasern mit Nanopartikeln wie Silber für neuartige Textilien mit Schutzwirkung gegen mechanische oder elektromagnetische Einflüsse wie Elektrizität, Strahlung oder Wärme.
  • Fasern mit mikroverkapselten Flüssig-Wirkstoffen oder mit Flüssigkern
  • bioabbaubare Fasern als Ersatz für synthetische Vliese in Haushalt, Kosmetik, Landwirtschaft
  • körperverträgliche Fasern für medizinische Anwendungen, z.B. als Gefässersatz oder in der Wundheilung bei grossflächigen Brandverletzungen oder für die dosierte Abgabe von Medikamenten über die Haut oder im Körper

Ein wichtiger Technologietrend ist zurzeit die Entwicklung einer neuen Generation von flammgeschützten Fasern mit hohen mechanischen Eigenschaften wie Zugfestigkeit. Sowohl in den USA als auch der EU laufen Bemühungen, bromierte und halogenisierte Flammschutzmittel aus verschiedenen Produkten zu verbannen, speziell aus Plastik und Textilien. Aus der Forschung der letzten rund 10 Jahre sind neue phosphorhaltige organische Verbindungen hervorgegangen, die umweltschonend und trotzdem sehr potent sind. Sie können insbesondere in so kleinen Mengen eingesetzt werden, dass die mechanischen Eigenschaften von Fasern weitgehend erhalten bleiben. Es wird erwartet, dass dieser Technologietrend in den nächsten fünf Jahren neuartige Fasern aus unterschiedlichen Polymeren mit verbesserten Flammschutzeigenschaften hervorbringen wird.

Konsequenzen für die Schweiz

Da die Schweiz in der Forschung dieser Flammschutzmittel an vorderster Front mitarbeitet, hat die hiesige Industrie eine Poleposition für die Sicherung von Rechten des geistigen Eigentums und der Erweiterung bzw. Neuerschliessung von Märkten mit hoher Wertschöpfung. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass diese Entwicklungen auch in anderen polymerverarbeitenden Zweigen stimulierend wirken können (Compoundierung, Folien, Spritzguss).