Student’s Day der Materialwissenschaften
Die SATW unterstützt mit der sogenannten Fachförderung Projekte und Veranstaltungen ihrer Mitgliedsgesellschaft finanziell. In einer losen Serie porträtieren wir diese Aktivitäten. Für den aktuellen Beitrag besuchten wir mit Material-Studierenden der EPFL und der ETH Zürich die Firma RUAG in Emmen.
Am Vormittag des 15. April trafen sich rund 35 Studierende der Materialwissenschaften – die meisten von der ETH Zürich und der EPFL, sowie ein Student der ZHAW – beim Empfang von RUAG in Emmen, um am Student’s Day des SVMT, des Schweizerischen Verbands für Materialwissenschaft und Technologie, mehr über die Aktivitäten der Firma im Bereich von Materialwissenschaften sowie Strukturintegrität zu erfahren.
Von Studierenden für Studierende
Die SATW finanziert den Student’s Day bereits seit vielen Jahren. Organisiert wird der Tag jeweils von Studierenden für Studierende. Dieses Jahr war dies Muriel Haug, Studentin der Materialwissenschaften an der ETH Zürich. Ziel dieser Exkursionen ist es, den Studierenden einen Einblick in die Tätigkeiten von Firmen zu bieten. Könnten dies künftige Arbeitgeber sein? Oder kann ich mein Praktikum – solche Praktika müssen alle Studierenden der Materialwissenschaften absolvieren – dort machen? An vergangenen Student’s Days wie im Jahr zuvor bei der Empa in Thun haben sich zusätzlich Fremdfirmen vorgestellt. Am meisten Zulauf hatte wenig überraschend der Event, der vor einigen Jahren zum CERN ging. Damals seien über 50 Studierende gekommen.
Bei RUAG in Emmen mussten alle Teilnehmer als erstes ihren Ausweis zeigen und wurden mit einem Besucher-Badge ausgerüstet. Dann konnten die Vorträge starten. Marcel Menet, Präsident des SVMT, stellte den Studierenden kurz den Verband vor und wies sie vor allem auf die Plattform «Who is who?» hin. Dort könnten Mitglieder – und Studierende seien ebenfalls sehr willkommen – andere Mitglieder suchen und Kontakte knüpfen, z.B. für ein Praktikum. Marcel Menet präsentierte auch kurz die Fachgruppen des SVMT und damit schloss sich der Kreis zu RUAG. Denn Ingrid Kongshavn ist nicht nur Senior Structural Analysis Engineer bei RUAG und Gastgeberin des Tages, sondern auch Leiterin der SVMT Fachgruppe Strukturintegrität.
Luft- und Raumfahrt in Emmen
Mark Weber, Department Manager Swiss Military Business von RUAG, warf in seiner Präsentation einen Blick auf die Geschichte des Unternehmens. RUAG in seiner heutigen Form existiert seit rund 20 Jahren. Damals fasste der Bund verschiedene Firmen im Rüstungsbereich zu einem grösseren Unternehmen zusammen mit dem Ziel, Synergien zu nutzen und wettbewerbsfähig zu sein. Dies gelang und RUAG konnte den Umsatz in dieser Zeit mehr als verdoppeln. Das Unternehmen ist in den Bereichen Luft- und Raumfahrt tätig, die beide in Emmen präsent sind, sowie in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. RUAG entwickelt und vertreibt zivile und militärische Technologieanwendungen für den Einsatz im Weltraum, in der Luft und zu Land. Mit fünf Divisionen und Standorten in 16 Ländern verfügt RUAG über eine starke internationale Marktpräsenz. In Emmen führt RUAG die Unterhaltsarbeiten unter anderem an den Kampfjets F/A-18 und F-5 der Schweizer Luftwaffe durch. Bei RUAG wird es schon bald grosse Veränderungen geben: Mit dem Entscheid des Bundesrates vom 21. März 2018 zur Entflechtung von RUAG wurde beschlossen, dass der Konzern in eine internationale («RUAG International») und in eine auf die Schweizer Armee fokussierte Gesellschaft («RUAG MRO Schweiz») – beides Arbeitstitel – überführt werden soll. Die dafür notwendige Entflechtung des heutigen Konzerns soll bis zum 1. Januar 2020 umgesetzt sein.
Da es sich ja um einen Ausflug von Studierenden der Materialwissenschaften handelt, gab es auch fachspezifische Referate. Dabei ging es vor allem um die Strukturintegrität und das Beispiel wie das Auftreten von Rissen durch Ermüdung verhindert wird oder wie Risse rechtzeitig gefunden werden. Hierfür ist die Bildung und Ausbreitung von Rissen zu verstehen, wobei nicht zuletzt gute Kenntnisse der Materialien sowie deren Eigenschaften erforderlich sind. Im Flugzeugbau ist der richtige Einsatz von Materialien eine besondere Herausforderung, da Gewicht immer ein Thema ist. Deshalb will man so wenig Material wie nötig, respektive möglichst leichte, ermüdungsresistente und hochfeste Materialien verwenden, die dabei zusätzlich noch korrosionsbeständig sein müssen. Verwendet werden deswegen vor allem hochfeste Aluminiumlegierungen, faserverstärkter Kunststoff, aber auch Titan, für z.B. hochbelastete Strukturkomponenten.
Zertifizierung als wichtiges Thema
Bei Flugzeugen ist das Thema Zertifizierung omnipräsent, von ganzen Baugruppen bis hin zur letzten Niete. So soll die Strukturintegrität und nicht zuletzt die Sicherheit des Piloten gewährleistet sein. Zudem werden Flugzeuge sehr intensiv gewartet und überprüft. Denn ein potenzieller Schaden sollte festgestellt werden, bevor er so weit fortgeschritten ist, dass die Sicherheit des Gesamtsystems nicht mehr gewährleistet ist oder zu enorm aufwändigen Reparaturen führt. RUAG steht aktuell vor der Herausforderung, dass die Lebensdauer der F/A-18 von 5000 Flugstunden auf 6000 erhöht wird. Kann die Strukturintegrität für die zusätzlichen Flugstunden gewährleistet werden? Was sind die Risiken? Was kann und was muss unternommen werden um die Sicherheit des Flugzeugs zu gewährleisten oder die Reparaturkosten gering zu halten? Welche Teile müssen modifiziert werden und welche wie häufig überprüft werden?
Zum Abschluss der Vorträge und vor dem Rundgang auf dem Gelände berichtete noch der Kampfpilot Nathanael Köhler darüber, wie denn ein moderner Luftkampf stattfindet. Das Videomaterial, das er zeigte, war sehr beeindruckend und sein Vortrag gab einen guten Eindruck davon, wie viele Informationen ein Kampfpilot gleichzeitig verarbeiten muss. Und wie ihm Technik das Leben erleichtert (und vielleicht auch rettet), aber auch schwer macht.
Beeindruckender Rundgang durch die Fabrikation
Dann war es Zeit für den Rundgang: In einer Halle werden Flugzeugteile – für namhafte Hersteller – gefertigt. Dazu ist viel Handarbeit nötig. Vor allem die Anzahl Löcher sind beeindruckend, die gebohrt werden müssen, um die Einzelteile anschliessend zusammenzufügen. In einer anderen Halle ist es nicht weniger imposant. Dort werden die Nutzlastverkleidungen für die europäische Ariane-Trägerraketenfamilie und die amerikanische Atlas V500 zusammengebaut. In den Nutzlastverkleidungen befinden sich die Satelliten, während dem Flug ins All. Und dann geht’s noch in die Halle mit den F/A-18. Auch das war sehr spannend. Die Zeit verging wie im Flug.
Weitere Informationen
Schweizerischer Verband für Materialwissenschaft und Technologie
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