«Digitalen Wandel in unserem Sinne gestalten»
Im Interview verrät Felix Kunz, Mitglied Koordinationsgremium SATW Forschungsverbund Advanced Manufacturing, warum es sinnvoll ist, im Bereich Industrie 4.0 auszubauen.
Der SATW Forschungsverbund Advanced Manufacturing soll im Bereich Digitalisierung und Industrie 4.0 weiter ausgebaut werden. Halten Sie dies für sinnvoll?
Die Digitalisierung erfasst heute bereits nahezu alle Lebensbereiche. Dabei wird der Einfluss der Information- und Kommunikationstechnologien (IKT) weiter erheblich zunehmen.
Die grosse Digitalisierungswelle ist weltweit am Anrollen und erfasst alle Branchen von der Finanzwirtschaft bis zum produzierenden KMU. Damit stehen uns grosse Chancen, aber auch ernsthafte Herausforderungen bevor. Die Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken und Ihre Produkte und Services vernetzungsfähig machen, damit sie zukünftig ihren Platz in einem digitalisierten Ökosystem behaupten können.
Aufhalten können wir diesen Trend nicht, aber wir können den digitalen Wandel aktiv begleiten und in unserem Sinne gestalten – zum Nutzen von Wirtschaft und Gesellschaft.
Und natürlich muss auch die Forschung ihren Beitrag leisten, damit die Schweiz in digitalen Schlüsseltechnologien wie maschinellem Lernen, 5G-Kommunikation, Cybersecurity und Augmented Reality nicht den Anschluss verliert.
Welche Chancen und Risiken sehen Sie im Bereich Industrie 4.0 für den Wirtschaftsstandort Schweiz?
Im Zuge von Industrie 4.0 avanciert die IKT zunehmend zu einer Schlüsselbranche für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstand. Wir sind hier in der Schweiz z.B. weltweit führend im Aufbau des Low Power Wide Area Netzwerks LORA. Damit lässt sich z.B. die Verkehrsführung oder die Abfallentsorgung in den Städten optimieren.
Die Digitalisierung bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für neue Geschäftsideen. Gerade kleine und junge Unternehmen können heute ihre disruptiven Ideen dank der digitalen Möglichkeiten schneller denn je umsetzen und zur Marktreife bringen. Davon können wir profitieren, aber es besteht auch die Gefahr, dass damit etablierte Unternehmen ihre bestehenden Geschäftsmodelle verlieren. Deshalb müssen auch die traditionellen Leitbranchen, wie die Medizin- und Präzisionstechnik, die digitale Entwicklung aufgreifen und in ihre Produkte integrieren.
Nicht zuletzt bietet Industrie 4.0 die Chance den Schweizer Werkplatz flexibler und wettbewerbsfähiger machen. Innovative Produkte sollen ja nicht nur in der Schweiz entwickelt, sondern auch hier produziert werden. Neuartige, vernetzte Produktions- und Logistikkonzepte kombiniert mit interdisziplinarer Ausbildung sichert die Zukunftsfähigkeit der Schweizer Produktion.
Im vergangenen Mai wurde die Swiss Smart Factory feierlich eröffnet. Wer und was steckt dahinter? Was ist die Vision und was erwartet man sich kurz- und langfristig davon?
Die Swiss Smart Factory ist die erste Demo-Fabrik zum Thema Industrie 4.0 in der Schweiz. Sie ist eine offene Plattform, die Industrie und Forschung zum Mitmachen einlädt. Unser gemeinsames Ziel ist es, den digitalen Wandel aktiv zum Vorteil der Schweizer Wirtschaft zu gestalten. Wir bieten die neutrale Plattform zur vorwettbewerblichen Forschung, Entwicklung und Standardisierung, die Schweizer Firmen im Zuge von Industrie 4.0 benötigen. Gemeinsam forschen wir an Produktionstechnologien, die den Standard für die Produktion von morgen schaffen. Die Entwicklungen und gemachten Forschungserfahrungen lassen sich dann auf kurzem Wege aus dem Labor in die Unternehmenspraxis transferieren.
Zur Person
Felix Kunz ist Elektroingenieur und Unternehmer. Seine Erfahrungen sammelte der heutige CEO/VR der Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG (SIP BB) mit über 12 Neugründungen weltweit und war 18 Jahre lang CEO und VR-Präsident der Digital-Logic AG. Erfahrung bringt er ausserdem in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Embedded Computer Boards mit und hat Produktionstechnologie in SMT und Reinraum-Bonding eingesetzt. Felix Kunz hat Stiftungsratsmandate beim De Vigier Unternehmerpreis, dem Museum ENTER und der STI. Weitere Mandate belegt er beim KTI-WTT Support als Head Innovationsmentor, beim Museum ENTER, bei der HFTM AG und der Quickline AG als Verwaltungspräsident. Zusätzlich ist er der CEO der Sokutec GmbH in Solothurn.
Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG
Switzerland Innovation Park Biel/Bienne (SIP BB) betreibt eine Plattform für anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung in der Industrietechnologie. Als Gemeinschaftsunternehmen von privaten Firmen und öffentlichen Institutionen bietet der Park Biel/Bienne Raum, Technologie und Services für Innovationsteams und Unternehmen.
Swiss Smart Factory (SSF)
Die Swiss Smart Factory (SSF) von Switzerland Innovation Park Biel/Bienne ist die erste Demo-Fabrik zum Thema Industrie 4.0 in der Schweiz. In der SSF werden innovative Anwendungen und Geschäftsmodelle für die digitalisierte „Fabrik von morgen“ entwickelt, getestet und veranschaulicht. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Innovationen, die zum Erhalt und Ausbau der industriellen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz beitragen.
Comments are disabled for this post.
0 comments